Die ganze Schöpfung war Gesang

Es ist ein Bildband, in den ich immer wieder gerne schaue.
Aufnahmen des Fotografen Osswald Kettenberger, in denen sich die ganze Schönheit der Schöpfung offenbart, hindurch buchstabiert durch den Jahreskreislauf.
In seinem aktuellen Dokumentarfilm „Das Salz der Erde“ erzählt Wim Wenders die Lebensgeschichte des brasilianischen Fotographen Sebastiao Salgado.
Weltweit war er als sozialdokumentarischer Fotograph unterwegs, durch ihn sahen wir Bilder aus der Sahelzone, vom Genozid in Ruanda, aus brasilianischen Goldminen. Er ging in die Krisenregionen, dort, wo es weh tut und wo seine Bilder uns wehtun. Er rüttelte auf – und ging dabei fast selbst seelisch zu Grunde. Er nahm sich eine Auszeit, überwältigt von der Wucht seiner eigenen Bilder, von der Zerstörung, die der Mensch anrichtet.
Seine Lebensrettung kam, indem er beschloss, in die unberührten, unversehrten Regionen der Erde zu reisen. Sein letztes Projekt nannte er „Genesis“, er erzählt im Film, dass er am Ende seines Lebens einer, singenden, jubelnden Erde, ihrer Schönheit in Unversehrtheit begegnen wollte.
Gut passt zu diesen Bildern von der Erde Schönheit, die uns Salgado geschenkt hat, ein Gedicht des großen brasilianischen Theologen und Dichters Ernesto Cardenal:

Die ganze Schöpfung ist die Schönschrift Gottes,

und in seiner Schrift gibt es nicht ein sinnloses Zeichen.

Der Schriftzug der Meteore am Himmel,

der Flug der Vögel in den Herbstnächten

und der Weg der Sonne durch die Wendekreise,

die Jahresringe im Stamm einer Zeder

und die Schlangenlinien der Flüsse in einer Luftaufnahme,

alles sind Zeichen, die uns Botschaften übermitteln.

Wir müssen nur verstehen, sie zu lesen.

 

Und wir selbst sind ebenfalls Zeichen Gottes.

In jedem einzelnen von uns ist diese göttliche Schrift eingegraben,

unser ganzes Sein ist eine Mitteilung und Botschaft Gottes.

Wir sind hineingestellt in diese Schöpfung,

die ganz Mitteilung ist,

als die reinsten und schönsten Worte Gottes.

Wir sind Gottes Ebenbild.

Gott ist im Innersten allen Seins,

und er ist auch in uns.

 

Eine gesegnete Sommerzeit
wünscht Thomas Ries
Hochschulselsorger