“Oh Herr,
sende Hirn vom Himmel…”
diese witzige Spruchkarte bekam ich vor einigen Jahren von einem guten Freund geschenkt. Wenn ich mir manche Vorgänge in Kirche. Staat, Gesellschaft, aber auch in der universitären Landschaft anschaue, dann kann mir dieser Stoßseufzer schon manches mal herausrutschen.
Irgendwie ähnlich mag es auch den Journalisten in der Zeitredaktion gegangen sein.
“Liebe Leser, diese Woche fiel uns leider nichts ein” titelten sie in der Ausgabe vom 13. Mai.
Und im Untertitel: “Kreativität. Wie man sie findet. Wie man sie fördert..
Und wie Geist zum Fliegen kommt”.
Ja – auch das klingt pfingstlich.
“Oh Herr, sende Hirn vom Himmel” – so ähnlich mag es ja auch vor 2000 Jahren den Jüngern in Jerusalem gegangen sein. Sie sitzen zusammen, wie geht es nun weiter und der Wunsch nach einer Idee, “himmlischem Hirn”, Phantasie, Trost – einem geistlichem Impuls wird übermächtig geworden sein.
Der “heilige Geist”, von dem wir an Pfingsten sprechen, ist, auch wenn dieses Fest im Bewußtsein der Menschen von heute so gut wie keine Rolle mehr spielt, für unser Leben wichtiger denn je.
Der heilige Geist ist der Atem der Schöpfung. Wie der Geist Gottes am Anfang über den Wassern schwebte, so noch viel intensiver und dichter und näher rührt der Geist Gottes den Menschen an und bringt ihn zu sich selbst und über sich selbst hinaus. Theologisch ist das ganz klar. Das Herz der Gnade ist der Heilige Geist. Was uns Christus ähnlich macht, ist die Einwohnung des gleichen Geistes, der in ihm und in uns Prinzip übernatürlichen Lebens ist. Glauben, Hoffen und Lieben, die Herzschläge des übernatürlichen Lebens, sind ja nichts anderes als die Teilnahme der begnadeten Kreatur an der Selbstbejahung Gottes, die im Heiligen Geist sich vollendet.
So versteht man den heißen Atem des “Veni” (=Komm). Es ist die erhöhte und sehr gesteigerte und dürstende Adventsehnsucht, die da ruft. Es ist der Wille, aus dem Kerker, aus der Enge, der Gebundenheit herauszukommen, der dieses “Veni” immer wieder anstimmen heißt.
Nur wer die unendliche Sehnsucht der Kreatur zugleich mit ihrer endlichen Kümmerheit erfahren hat, wird diesen Flehruf echt anstimmen. Und nur so wird es wirklich ein Ruf, auf den Antwort und Erfüllung folgt.
Diesen pfingstlichen Text zum Gebet “Komm herab oh heiliger Geist – veni creator spiritus” schreibt der Jesuitenpater Alfred Delp aus seiner Todeszelle in Berlin heraus im Winter 1944/45.
Es ist ein beeindruckender Text, einer, der in den Kern hinein dieses Festes führt.
Durch den Heiligen Geist werde ich zum Mitschöpfer im göttlichen Heilsplan. Und wenn ich bete “Komm herab oh heiliger Geist” dann bitte ich letztendlich um nichts anderes als:
  • Kraft im Alltag
  • Phantasie im Routinekarusell
  • Ermutigung in der Mutlosigkeit
  • leidenschaftliches Feuer, wo reaktionäre Veraschung droht
  • unendliches Glück
  • Trost in schweren Stunden
  • Ruhe in der Unruhe
  • Licht im Herzen
  • Heilung der Wunden.

Pfingsten ist ein wunderbares Fest, ein freudiges Mutmachfest, ein Genußfest in Gottes Schöpfung. Ich bekomme nicht nur “Hirn vom Himmel”, sondern einen ganzen Rucksack voll stimulierenden Lebensmutes mit auf meinen Lebensweg.

Gut, daß es Pfingsten gibt.
Englischer Gruß, V. Stoß (Fotograf unbek.)

Englischer Gruß, V. Stoß (Fotograf unbek.)

Thomas Ries
Hochschulseelsorger